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Brustkrebsrisiko für trans-Personen
Klare Empfehlungen zum Screening und Daten zum Risiko für Brustkrebs bei Menschen, die ihr soziales Geschlecht (Gender) als abweichend von ihrem biologischen Geschlecht empfinden, fehlen weitestgehend. Grundsätzlich gibt es nur sehr wenige Untersuchungen zu Brustkrebs bei diesen so genannten trans-Personen. Was lässt sich aktuell sagen? Eine Zusammenfassung liefert der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums.
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen, in seltenen Fällen können auch Männer betroffen sein. Das gilt für so genannte "cis-Gender", wie Menschen bezeichnet werden, die sich mit dem bei der Geburt eingetragenen Geschlecht identifizieren. Brustkrebs kann aber auch bei trans-Gender auftreten. Ob jemand an Brustkrebs erkrankt, wird unter anderem durch Hormone wie Östrogen, Testosteron und Progesteron beeinflusst – das gilt sehr wahrscheinlich für alle Menschen. Auch die Größe der Brustdrüse kann eine Rolle spielen.
Begriffserklärungen
„Trans" ist ein Überbegriff für Personen, die sich nicht, nicht ganz oder nicht immer mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde. So kann es sein, dass Trans-Männern bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugeschrieben wurde, sie sich aber dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlen. Bei Trans-Frauen kann es genau umgekehrt sein. Es gibt eine Vielzahl von Selbstbezeichnungen, die in verschiedenen Kontexten entstanden sind. Manche trans-Personen möchten geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen oder eine Änderung des Vornamens und Geschlechtseintrags. Andere möchten keine oder nur bestimmte medizinische Maßnahmen oder ändern ihren Namen nicht.
Datenlage noch unzureichend
Was lässt sich aktuell zum Brustkrebsrisiko von trans-Personen sagen, die sich im Zuge ihrer Geschlechtsanpassung oder -umwandlung einer geschlechtsangleichenden Hormontherapie (GAHT) und zum Teil auch Operationen unterziehen? „Es gibt bisher nur sehr wenige veröffentlichte Daten zu Brustkrebs bei trans-Frauen und trans-Männern, sodass eine allgemein gültige Aussage zum Brustkrebsrisiko nicht getroffen werden kann. Experten fordern zu Recht qualitativ hochwertige Forschungsinitiativen zu diesem Thema", so Dr. Susanne Weg-Remers, die den Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums leitet. Als Nationales Referenzzentrum für Krebsinformation beantworten Ärztinnen und Ärzte alle Fragen zum Thema Krebs telefonisch unter 0800-4203040 täglich von 8-20 Uhr sowie per E-Mail unter krebsinformationsdienst@dkfz.de – kostenlos, wissenschaftlich fundiert und verständlich.
Brustkrebsrisiko: Was ergeben die bislang vorliegenden Daten?
Prospektive Studien speziell zum Brustkrebsrisiko und zur Behandlung von trans-Personen gibt es bisher nicht. In der Literatur finden sich bisher lediglich einige Fallberichte und kleine rückblickende Studien.
Die sehr begrenzten Daten deuten auf Folgendes hin:
- Bei trans-Männern unter Testosteron-Behandlung ist das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, gegenüber cis-Frauen wahrscheinlich nicht erhöht. Möglicherweise ist es sogar deutlich niedriger. Im Vergleich zum Risiko von cis-Männern könnte das Brustkrebsrisiko von trans-Männern aber etwas erhöht sein – zum einen, wenn noch mehr Brustdrüsengewebe als bei cis-Männern verbleibt, zum anderen, weil ein Einfluss der Testosteronbehandlung auf das Brustkrebsrisiko bisher nicht sicher ausgeschlossen werden kann.1
- Umgekehrt muss man nach der derzeitigen Datenlage davon ausgehen, dass das Brustkrebsrisiko von trans-Frauen, die eine geschlechtsumwandelnde Behandlung durchführen, gegenüber dem von cis-Männern erhöht ist.2 Das kann damit zusammenhängen, dass die trans-Frauen durch die Hormonbehandlung eine größere Brust mit mehr Brustdrüsenzellen bekommen, die sich möglicherweise bösartig verändern könnten. Dennoch liegt das Brustkrebsrisiko für trans-Frauen diesen Untersuchungen zufolge immer noch unter dem der cis-Frauen.
Einige Experten empfehlen, dass trans-Frauen genau wie cis-Frauen am regulären Brustkrebs-Screening teilnehmen sollten. Die Empfehlungen sind hierzu aber uneinheitlich.3 Weitere spezielle Empfehlungen zum Screening gibt es wegen fehlender Daten zu Krebsrisiken für trans-Personen bisher nicht. In der Regel wird die gleiche Krebsvorsorge wie für cis-Menschen empfohlen.4 Das gilt gegebenenfalls auch für zusätzliche Früherkennungsuntersuchungen bei Personen mit erblich bedingt erhöhtem Brustkrebsrisiko.
Was ist mit der Therapie?
In der Regel werden trans-Personen mit Brustkrebs in Anlehnung an das Vorgehen bei cis-Personen mit Brustkrebs behandelt. Weil Brustkrebs hormonempfindlich sein kann, stellen sich allerdings zum Beispiel die Fragen, ob trans-Personen ihre geschlechtsangleichende Hormontherapie weiter nehmen dürfen und wie die oft notwendige antihormonelle Therapie am besten gestaltet werden kann. Zu solchen Fragen liegen bislang noch keine Forschungsergebnisse vor.
Ansprechpartner
Es gibt die World Professional Association on Transgender Health (WPATH, https://www.wpath.org/). Diese Organisation bietet unter https://www.wpath.org/provider/seach auch eine ortsabhängige Suche nach Spezialisten/Ansprechpartnern an.
Literatur
1 Fledderus AC, Gout HA, Ogilvie AC, van Loenen DKG. Breast malignancy in female-to-male transsexuals: systematic review, case report, and recommendations for screening. Breast. 2020 Oct;53:92-100. doi: 10.1016/j.breast.2020.06.008.
2 de Blok CJM, Wiepjes CM, Nota NM, van Engelen K, Adank MA, Dreijerink KMA, Barbé E, Konings IRHM, den Heijer M. Breast cancer risk in transgender people receiving hormone treatment: nationwide cohort study in the Netherlands. BMJ. 2019 May 14;365:l1652. doi: 10.1136/bmj.l1652.
3 Parikh U, Mausner E, Chhor CM, Gao Y, Karrington I, Heller SL. Breast Imaging in Transgender Patients: What the Radiologist Should Know. Radiographics. 2020 Jan-Feb;40(1):13-27. doi: 10.1148/rg.2020190044
4 Sterling J, Garcia MM. Cancer screening in the transgender population: a review of current guidelines, best practices, and a proposed care model. Transl Androl Urol. 2020 Dec;9(6):2771-2785. doi: 10.21037/tau-20-954.
Zitiert nach einer Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums vom 08.11.2022