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Deutschland-Barometer Depression: Jeder fünfte Beschäftigte an Depression erkrankt
Betroffene gehen im Job zurückhaltend mit Erkrankung um – Bundesbürger überschätzen Arbeit als Ursache der Depression
Bei jedem fünften Beschäftigten in Deutschland wurde schon einmal eine Depression diagnostiziert. Ein besserer Wissensstand zur Erkrankung in Unternehmen könnte viel Leid bei betroffenen Arbeitnehmern und immense Kosten für Arbeitgeber vermeiden. Das legen die Ergebnisse des heute veröffentlichten 5. Deutschland- Barometers Depression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe nahe. Die repräsentative Befragung untersucht jährlich Einstellungen und Erfahrungen zur Depression in der Bevölkerung. Befragt wurden 5.283 Personen zwischen 18 und 69 Jahren aus einem repräsentativen Online-Panel im September 2021.
Volkskrankheit Depression betrifft die meisten Unternehmen 20% der Berufstätigen gaben an, dass bei ihnen schon einmal die Diagnose Depression gestellt worden sei. Weitere 19% der befragten Arbeitnehmer vermuten, schon einmal im Leben an Depression erkrankt gewesen zu sein - bisher jedoch ohne eine ärztliche Diagnose. Einen Suizid oder Suizidversuch eines Kollegen haben bereits 15% der Mitarbeiter erlebt. „Depression ist eine häufige und schwere Erkrankung. Statistisch gesehen gibt es in nahezu jedem Unternehmen depressiv erkrankte Mitarbeiter. Arbeitgeber können viel dazu beitragen, dass betroffene Beschäftigte rascher in eine professionelle Behandlung kommen. Dadurch können neben großem Leid auch Kosten vermieden werden. Unternehmen sollten deshalb dringend Basiswissen und auch Handlungskompetenz zu Depression und Suizidprävention aufbauen“, sagt Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Inhaber der Senckenberg-Professur an der Goethe-Universität Frankfurt.
Betroffene gehen im Job zurückhaltend mit Erkrankung um
Die Mehrheit der Beschäftigten mit Depression spricht am Arbeitsplatz nicht über die Erkrankung. Ein Drittel der Betroffenen geht hingegen offen im beruflichen Umfeld damit um – mit zumeist positiven Erfahrungen (70%). Jeder Vierte (26%) hatte allerdings das Gefühl, dass durch den offenen Umgang nicht mehr die eigene Leistung, sondern die Erkrankung im Vordergrund stand.
22% der an Depression erkrankten Mitarbeiter berichten von möglichen Anlaufstellen bei psychischen Problemen in ihrer Organisation (u.a. Betriebsarzt, Betriebliche Sozialberatung, Betriebsrat). 30% von ihnen haben derartige Hilfen wirklich in Anspruch genommen – 74 %davon mit guten Erfahrungen. „Menschen mit Depression sind im gesunden Zustand oft Leistungsträger in Unternehmen. Sie reagieren mit großer Dankbarkeit, wenn sie von Seiten des Unternehmens auf verständnisvolle und sachgerechte Reaktionen stoßen“, betont Hegerl. Schulungen von Personalverantwortlichen und Führungskräften und Informationen für alle Mitarbeiter tragen dazu bei, dass Betroffene rascher den Weg in eine professionelle Behandlung finden. Ein neuer Ansatz sind zudem Peer-Beratungen in Unternehmen. Hier bieten Mitarbeiter mit Depressionserfahrung niederschwellige Beratungen für Kollegen an – und das vertraulich z.B. am Telefon oder persönlich außerhalb des Betriebes.
Irrtum: Bevölkerung sieht Ursachen der Depression in Arbeitswelt
Das Deutschland-Barometer Depression zeigt auch, dass die Rolle der Arbeit für die Entstehung von depressiven Erkrankungen überschätzt und gleichzeitig die Bedeutung der Veranlagung unterschätzt wird. Belastungen am Arbeitsplatz (95%), Konflikte im Job/mit Kollegen (93%) und die dauerhafte Erreichbarkeit (83%) gelten bei den Bundesbürgern als wichtigste Ursachen für Depression. Dass die Depression auch biologische Ursachen hat, ist dagegen weniger bekannt. So kennen nur 64 % die erbliche Komponente der Depression. Nur 57% wissen, dass während der Depression vielfältige Hirnprozesse verändert sind. „Während der Depression nehmen Betroffene alles wie durch eine dunkle Brille wahr und fühlen sich völlig erschöpft und durch die Arbeit überfordert. Häufig wird dann die Überforderung fälschlicherweise als Ursache und nicht als Folge der Depression angesehen“, so Prof. Dr. Ulrich Hegerl. Dies erklärt, warum 68% glauben, dass Urlaub bei Depression hilft. 63% der Bundesbürger gehen davon aus, dass ausruhen und viel schlafen die Depression lindert. „Das Gegenteil ist der Fall: Langer Schlaf verschlechtert bei den meisten die Depression. Schlafentzug ist dagegen ein etabliertes Behandlungsverfahren in Kliniken. AuchUrlaub lindert die Depression nicht, da die Erkrankung mitfährt. Die Behandlung der Depression erfolgt gemäß den nationalen Leitlinien mit Antidepressiva und/oder Psychotherapie“, stellt Prof. Ulrich Hegerl richtig.
Gefördert wird die bundesweit repräsentative Befragung durch die Deutsche Bahn Stiftung. „Wir engagieren uns bereits seit unserer Gründung 2013 im Bereich psychische Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Je früher und offener über psychische Erkrankungen gesprochen wird, desto eher können diese erkannt und behandelt werden. Uns ist die Entstigmatisierung wichtig, und dafür über Depression und psychische Erkrankungen aufzuklären. Wir unterstützen Angebote, die präventiv das Gesundheitssystem entlasten und die Versorgungslage verbessern.“, sagt Tobias Geiger, Vorsitzender Geschäftsführer Deutsche Bahn Stiftung.
Informations- und Hilfsangebote für Menschen mit Depression
- Wissen, Selbsttest und Adressen rund um das Thema Depression unter www.deutsche-depressionshilfe.de
- deutschlandweites Info-Telefon Depression 0800 33 44 5 33 (kostenfrei)
- fachlich moderierte Online-Foren zum Erfahrungsaustausch für Erwachsene www.diskussionsforum-depression.de und junge Menschen ab 14 Jahren www.fideo.de
Die gesamte Studie, Infografiken sowie ein Audioservice zur freien Verwendung stehen unter www.deutsche-depressionshilfe.de/pressematerial-barometer-depression zur Verfügung. Zudem bieten wir persönlich oder digital die Möglichkeit, in Einzelterminen O- Töne aufzunehmen bzw. Interviews zu führen.
Zitiert nach einer Pressemitteilung der Stiftung Deutsche Depressionshilfe vom 09.11.2021