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Ein verdickter Herzmuskel erhöht das Risiko für den Abbau von Gehirnstrukturen

Menschen mit einem verdickten Herzmuskel (kardiale Hypertrophie) haben eine dünnere Großhirnrinde und Schädigungen der weißen Substanz. Dieser Zusammenhang zwischen Herz und Gehirn zeigt sich bereits, bevor das Herz schwer erkrankt, erkannten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf Forschung (DZHK) an der Universitätsmedizin Greifswald.

Ein Herz wird nicht von einem Tag auf den anderen krankhaft geschädigt: Wird das Herz über einen längeren Zeitraum, zum Beispiel durch Bluthochdruck, überanstrengt, verdickt sich der Herzmuskel zunehmend. Letztlich kann ein stark vergrößerter Herzmuskel, eine sogenannte kardiale Hypertrophie, zu einer Herzschwäche, einem Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen führen.

„Uns hat erstaunt, wie stark und konstant ein verdickter Herzmuskel mit Schäden in der weißen Substanz beziehungsweise dem Gewebeverlust in der Großhirnrinde assoziiert ist“, sagt Dr. Martin Bahls, Universitätsmedizin Greifswald. Dabei beobachteten die Wissenschaftler, dass sich die krankhaften Veränderungen in Herz und Gehirn gemeinsam entwickeln. „Der Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und kognitiven Einschränkungen ist schon lange bekannt und gilt als gesichert“, so Erstautor Stefan Frenzel. „Bisherige Studien deuten darauf hin, dass eine kardiale Hypertrophie ein wichtiger Risikofaktor für den Abbau kognitiver Fähigkeiten ist. Wir haben nun geprüft, ob sie auch mit einer veränderten Hirnstruktur zusammenhängt.“

Studienteilnehmer aus der Allgemeinbevölkerung

Gemeinsam mit Kollegen des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) untersuchten die Forscher für ihre Arbeit keine Patienten, sondern Menschen aus der Allgemeinbevölkerung. Die Daten wurden im Rahmen der Study of Health in Pomerania (SHIP) erhoben. Die Studie untersuchte Personen aus Vorpommern regelmäßig ganzheitlich, mit Blick auf typische Erkrankungsbilder. Die Autoren werteten die Daten von 1.602 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern im Alter zwischen 21 und 82 Jahren aus. Voraussetzung war, dass sie weder einen vorherigen Herzinfarkt noch eine eingeschränkte Pumpfunktion hatten. Von diesen Personen analysierten sie die Daten von Ultraschalluntersuchungen des Herzens und MRT-Aufnahmen des Gehirns.

Die Großhirnrinde im Fokus

Von jedem Studienteilnehmer wurde ein 3D-Modell der Großhirnrinde mit Computeralgorithmen erstellt. Auf Grundlage dieser Modelle bestimmten die Wissenschaftler, wie dick die Großhirnrinden sind und brachten dies anschließend mit den Herzparametern aus den Ultraschalluntersuchungen in Beziehung. Studienteilnehmer mit kardialer Hypertrophie wiesen tendenziell eine dünnere Großhirnrinde auf. Diese Beziehung war unabhängig von Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes. Darüber hinaus zeigte dann auch die weiße Substanz mehr Läsionen.

Den Verlauf beobachten, um zukünftig vorzubeugen

Die Teilnehmer der SHIP-Studie werden alle fünf Jahre wieder eingeladen, befragt und untersucht. Die Untersuchungen zur zweiten Untersuchungswelle wurden kürzlich abgeschlossen und liegen nun zur Auswertung bereit. Die Autoren schauen sich diese Daten jetzt genauer an. Dabei fokussieren sie sich auf Veränderungen der Großhirnrinde zwischen den beiden Erhebungszeitpunkten und setzen diese in Beziehung zur kardialen Hypertrophie: „Durch solche Verlaufsuntersuchungen können wir viel darüber lernen, welche Veränderungen mit zunehmendem Alter normal sind und welche nicht“, so Bahls. „Langfristig lassen sich aus solchen Forschungsergebnissen präventive Maßnahmen entwickeln, mit denen sich das Risiko für eine Demenzerkrankung oder eine Herzinsuffizienz vermindern lassen kann.“

Originalarbeit: Cardiac Hypertrophy Is Associated with Advanced Brain Aging in the General Population. Frenzel S, Wittfeld K, Bülow R, Völzke H, Friedrich N, Habes M, Felix SB, Dörr M, Grabe HJ, Bahls M.J Am Heart Assoc. 2021 Sep 7;10(17): e020994. DOI: 10.1161/JAHA.121.020994

 

Zitiert nach einer Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung e. V. vom 20.10.2021