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Entschädigung Homosexueller nach dem StrRehaHomG: Bundesamt für Justiz zieht Zwischenbilanz
Einvernehmliche homosexuelle Handlungen waren in unterschiedlicher Weise in der Zeit von 1945 bis 1994 nach den Paragrafen 175, 175a StGB bzw. 151 StGB-DDR unter Strafe gestellt. Dieses Verbot war aus heutiger Sicht in besonderem Maße grundrechts- und menschenrechtswidrig. 2017 hob der Gesetzgeber deshalb auf dieser Grundlage ergangene strafgerichtliche Urteile auf. Zugleich erhielten betroffene Frauen und Männer wegen ihrer Verurteilung und einer etwa erlittenen Freiheitsentziehung einen Entschädigungsanspruch. Den Antrag dazu können sie noch bis zum 21. Juli 2022 beim Bundesamt für Justiz (BfJ) stellen.
Grundlage ist das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen (StrRehaHomG).
Erweiterung der Entschädigungsberechtigung durch Richtlinie
Zunächst waren nur jene Betroffene entschädigungsberechtigt, die für ihre Handlungen strafgerichtlich verurteilt worden waren. Bald wurde allerdings klar: Auch wer nicht bestraft wurde, war unter Umständen gestraft. Denn nicht gegen wenige war auch ohne anschließende Verurteilung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet oder Untersuchungshaft angeordnet worden, infolgedessen die Betroffenen beispielsweise ihre Ausbildungs- oder Arbeitsstelle verloren hatten oder – zum Teil bis heute – unter psychischen oder körperlichen Folgen litten bzw. leiden. Aus diesem Grund entschied sich das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz für eine Erweiterung der Entschädigungsberechtigung durch eine Richtlinie: Seit dem 13. März 2019 werden nun auch jene Betroffene entschädigt, die strafrechtlich verfolgt wurden, ohne dass es zu einem Urteil kam, oder die unabhängig von einer Strafverfolgung im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Verboten unter außergewöhnlich negativen Beeinträchtigungen – beispielsweise beruflichen oder gesundheitlichen Nachteilen – zu leiden hatten.
Schätzungen zufolge ergingen zwischen 1945 und 1994 etwa 69.000 Urteile nach den genannten Paragrafen. Bis Ende August 2021 beantragten 317 Personen eine Entschädigung beim BfJ nach dem StrRehaHomG oder der Richtlinie, von denen 249 tatsächlich entschädigt werden konnten. 36 Anträge wurden zurückgenommen. Darüber hinaus sind 14 Anträge derzeit noch in Bearbeitung. 18 Anträge mussten mangels Anwendbarkeit des StrRehaHomGbzw. der Richtlinie oder aufgrund eines Ausschlussgrundes nach dem StrRehaHomG abgelehnt werden. Insgesamt wurden bis Ende August 2021 knapp 860.000 Euro ausgezahlt.
So können Betroffene eine Entschädigung beantragen
Betroffene können sich noch bis zum 21. Juli 2022 postalisch, telefonisch oder per E-Mail an das BfJ wenden, um eine Entschädigung zu beantragen:
Bundesamt für Justiz
Referat III 6
53094 Bonn
Telefon: 0228 99 410-40
Telefax: 0228 99 410-5050
E-Mail: rehabilitierung(at)bfj.bund.de
www.bundesjustizamt.de/rehabilitierung
Flyer mit Informationen zur Rehabilitierung nach dem StrRehaHomG und der Richtlinie können postalisch angefordert werden. Sie sind außerdem veröffentlicht unter www.bundesjustizamt.de/rehabilitierung.
Unterstützung bei der Antragstellung können die Betroffenen auch durch die Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren e. V. (BISS) erhalten, mit der das BfJ vertrauensvoll zusammenarbeitet. BISS hat eine Beratungshotline (0800 1752017) eingerichtet, die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird.
Seit Juli 2021 bietet zudem das Gesetz zur Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen, wegen ihrer homosexuellen Orientierung oder wegen ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtlich benachteiligten Soldatinnen und Soldaten (SoldRehaHomG) eine Rehabilitierungs- und Entschädigungsmöglichkeit für Soldatinnen und Soldaten. Mit der für die Antragsbearbeitung zuständigen Rehabilitierungs- und Entschädigungsstelle des Bundesministeriums der Verteidigung steht das BfJ in Kontakt.
Zitiert nach einer Pressemitteilung des Bundesamtes für Justiz vom 13.09.2021