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Stille Gefahr für den plötzlichen Herztod: Koronare Herzkrankheit
Dem Herztod gehen meist unerkannte Verengungen der Herzkranzgefäße voraus. Welche Vorboten muss man beachten?
So schockartig der plötzliche Herztod über die betroffene Person hereinbricht, gehen diesem lebensbedrohlichen Ereignis in den meisten Fällen Herzerkrankungen voraus, die sich gut behandeln lassen. Jedes Jahr fallen dem plötzlichen Herztod in Deutschland ca. 65.000 Menschen zum Opfer. Bei etwa 80 Prozent der Fälle ist die Ursache eine unerkannte langjährige Herzkranzgefäßerkrankung, auch koronare Herzkrankheit (KHK) genannt. Die KHK ist bei weitem die häufigste Todesursache mit über 121.000 Gestorbenen in Deutschland und zugleich der häufigste Anlass für einen Krankenhausaufenthalt mit jährlich über 552.000 vollstationären Aufnahmen (2021). „Häufig machen sich Ablagerungen in den Herzgefäßen erst dann mit Beschwerden wie Brustenge oder Luftnot bemerkbar, wenn die Gefäßverengung schon kritische Ausmaße erreicht hat und ein Herzinfarkt droht“, warnt der Kardiologe Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung anlässlich der bundesweiten Herzwochen unter dem Motto „Herzkrank? Schütze Dich vor dem Herzstillstand!“ (Infos unter https://herzstiftung.de/herzwochen) „Umso mehr müssen wir dafür sorgen, dass die koronare Herzerkrankung und ihre Risikofaktoren frühzeitiger erkannt und behandelt werden. Denn alle Risikofaktoren sind – abgesehen von Alter und Genetik – medikamentös und mit Lebensstilmaßnahmen gut beeinflussbar, insbesondere Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen wie hohes LDL-Cholesterin und Übergewicht.“ Unmittelbarer Auslöser des plötzlichen Herztods ist fast immer eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung, die Folge einer Herzerkrankung ist und die innerhalb weniger Minuten zu einem Kreislaufstillstand führt und das Herz stillstehen lässt. Wird die KHK rechtzeitig erkannt und konsequent behandelt, ist das Risiko an einem plötzlichen Herztod zu sterben deutlich geringer – „fast so niedrig wie das von Patienten ohne KHK“.
Risiko-Vorsorge mit Herz-Kreislauf-Check-ups
Für eine rechtzeitige Therapie von Herzerkrankungen – allen voran der KHK und ihrer Risikofaktoren, rät die Deutsche Herzstiftung Männern und Frauen zu regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen ab 40 Jahren – bei familiärer Vorbelastung früher. Das kann der regelmäßige Gesundheits-Check-up bei Hausärztin oder Hausarzt sein, der ab 18 Jahren einmalig und ab 35 Jahren alle drei Jahre erfolgt (zahlt die Krankenkasse). Darüber hinaus erlauben es etwa Ultraschalluntersuchungen der Halsschlagadern oder der Becken- und Beingefäße, frühzeitig Gefäßverkalkungen zu erkennen, die für die Betroffenen noch ohne Symptome sind. Das EKG in Ruhe und unter Belastung sowie die Ultraschalluntersuchung des Herzens ergänzen das Untersuchungsspektrum. Die KHK ist stark altersabhängig: bei den über 75-Jährigen leiden 16 Prozent der Frauen und 24,1 Prozent der Männer daran (nach Robert-Koch-Institut). Wissenschaftlichen Berechnungen zufolge ist bei rund fünf Millionen Menschen in Deutschland eine KHK bekannt.
Welche Herzerkrankungen über die KHK hinaus Ursache eines Herzstillstands sein können, wer besonders gefährdet ist und wie man sich schützt, erläutern Herzexpertinnen und -experten in dem neuen kostenfreien Ratgeber „Herzkrank? Schütze Dich vor dem Herzstillstand!“, anzufordern unter https://herzstiftung.de/herzwochen oder per Mail unter bestellung(at)herzstiftung.de und telefonisch unter 069 955128400. Einen Online-Risikotest bietet die Herzstiftung unter https://herzstiftung.de/risiko an.
Plaques bringen – lange Zeit unbemerkt – das Herz in Not
Vom Patienten unbemerkt können sich durch Plaques, die aus Kalk, Bindegewebe und Cholesterin bestehen, an den Wänden von Herzkranzgefäßen (Koronararterien) Veränderungen entwickeln. Weil diese Veränderungen zunächst keine Durchblutungsstörung bewirken, äußern sie sich lange Zeit nicht durch Beschwerden. Mit Hilfe bildgebender Verfahren lassen sich diese Gefäßwandveränderungen durch Plaques (Arteriosklerose) gut erkennen. „Auch ohne Herzkatheter können wir etwa mit der Computertomographie oder anderen Bildgebungsverfahren wie MRT Verengungen und ihre Vorstufen feststellen“, erläutert Voigtländer, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien Krankenhauses und Kardiologe am Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) in Frankfurt am Main. Erst wenn sich die Plaques weiterhin vergrößern oder ihre Struktur verändern und dadurch instabil werden, entwickelt sich die akute Form der KHK. Erreicht die Arterienverengung eine kritische Schwelle von 70-80 Prozent, verschlechtert das die Durchblutung derart, dass es zur Minderversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff und Nährstoffen kommt, er „übersäuert“. Betroffene spüren das unter körperlicher Anstrengung mit Brustschmerzen, Brustenge (Angina pectoris) oder Luftnot. „Betroffene sollten unverzüglich eine Klinik aufsuchen“, betont Prof. Voigtländer.
Herzinfarkt: Von der „leisen Gefahr“ zum „Elefanten auf der Brust“
Verschließt die Plaque ein Herzkranzgefäß vollständig oder bricht die Plaque plötzlich auf, bildet sich innerhalb weniger Minuten ein Gerinnsel, das die Arterie verstopft: Herzinfarkt. Bei Herzinfarkt-Anzeichen ist sofort der Rettungsdienst über den Notruf 112 zu alarmieren – auf keinen Fall den Umweg über den Hausarzt. Hier zählt jede Minute, denn der Infarkt kann jederzeit in bösartige Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern übergehen, die zum Herzstillstand führen, der nach wenigen Minuten den Tod bedeutet. Auch führt der Infarkt zum Absterben von Herzmuskelgewebe mit der Folge einer chronischen Herzschwäche, wenn nicht umgehend die verstopfte Herzkranzarterie in der Klinik wiedereröffnet wird („Time is Muscle“).
Herzinfarkt-Warnzeichen sind insbesondere plötzlich einsetzende starke Schmerzen, die länger als fünf Minuten in Ruhe anhalten und die überwiegend im Brustkorb oder häufig auch ausschließlich hinter dem Brustbein auftreten. Sie können in andere Körperteile wie Arme, Oberbauch, Rücken, Hals, Kiefer oder Schulterblätter ausstrahlen. „Brustschmerzen und/oder Atemnot bei kleinsten Belastungen oder in Ruhe sind besonders alarmierend. Dahinter kann die instabile Angina pectoris oder Brustenge stecken, aus der sich jederzeit ein Herzinfarkt entwickeln kann“, warnt Prof. Voigtländer. „Viele Menschen spüren ein massives Engegefühl, heftigen Druck oder ein sehr starkes Einschnürungsgefühl im Brustkorb – als würde ihnen ein Elefant auf der Brust stehen“, beschreibt der Kardiologe eines der Herzinfarkt-Leitsymptome. Auch ein heftiges Brennen kann im Brustkorb auftreten. Über die Herzinfarkt-Warnzeichen, auch unspezifische vor allem bei Frauen wie Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, Schmerzen im Oberbauch, informiert die Herzstiftung unter https://herzstiftung.de/herzinfarkt-anzeichen
Diese frühen Vorboten eines plötzlichen Herztods sollte jeder kennen
„Bei etwa jedem zweiten vom plötzlichen Herztod Betroffenen treten Tage bis Stunden vor dem Ereignis typische Vorboten auf“, bestätigt der Herzstiftungs-Vorsitzende. Insbesondere Herzschmerzen, Brustenge oder plötzliche Luftnot, die unter körperlicher oder seelischer Belastung auftreten, sind „alarmierende Symptome, bei denen man sofort zum Arzt muss“, wie der Kardiologe betont. Auch Herzrasen, eingeschränkte körperliche Belastbarkeit, hartnäckiges Herzstolpern, kurze Bewusstlosigkeiten oder Schwindelanfälle können solche Vorboten sein. „Auf diese Akutphase müssen die Patienten selbst, aber auch Angehörige und Ärzte sehr viel mehr achten“, fordert der Herzspezialist. Leider werden diese Warnzeichen einer KHK in ihrer Bedrohlichkeit zu wenig erkannt. Sie sind aber bereits Symptome für das Endstadium einer langjährigen schleichenden Schädigung der Herzkranzgefäße durch den ,leisen Killer‘ Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen (hohes LDL-Cholesterin).
Was bietet den besten Schutz vor plötzlichem Herztod?
Die frühe Behandlung der KHK ist der beste Schutz vor Herzinfarkt und plötzlichem Herztod. Wesentliche Therapiebausteine sind Medikamente, die Implantation von Gefäßstützen (Stents), die verengte Herzkranzgefäße offen halten, und (seltener) das chirurgische Anlegen von Umgehungsgefäßen durch die Bypassoperation. „Die Sterblichkeit nach einem Herzinfarkt hat dank verbesserter medikamentöser und neuer Therapieverfahren erheblich abgenommen“, berichtet der Kardiologe Prof. Voigtländer. Allerdings bedürfen Patienten auch nach dem Herzinfarkt und einer Stentimplantation oder Bypassoperation einer dauerhaften medikamentösen Therapie. In bestimmten Fällen ist vorsorglich die Therapie mit einem Implantierbaren Kardioverter-Defibrillator (ICD) zum Schutz vor plötzlichem Herztod notwendig. Das gilt vor allem bei Patienten, die einen großen Infarkt erlitten haben und bei denen infolgedessen die Funktion der linken Herzkammer deutlich eingeschränkt ist.
Entscheidend: Risikofaktoren als Treiber der Durchblutungsstörung ausschalten
Darüber hinaus ist es wichtig, alle Risikofaktoren, die Treiber der Ablagerungen und Verstopfungen der Koronararterien sind, konsequent mit Hilfe medikamentöser Therapien und Lebensstilmaßnahmen anzugehen, allen voran arterielle Hypertonie (Bluthochdruck). Bleibt Bluthochdruck unbehandelt, droht wegen der chronischen Druckbelastung, die den Herzmuskel verdicken und steif werden lässt, eine diastolische Herzschwäche (Füllungsstörung der linken Herzkammer), auch Hochdruckherz genannt. Die Koronargefäße können den Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Blut versorgen. Unbehandelt drohen bei dieser Form der Herzschwäche der Herzinfarkt oder der plötzliche Herztod. Ebenso wichtige therapierelevante Risikofaktoren sind Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus und Übergewicht. „Lebensstiländerungen – nicht rauchen, sich ausreichend bewegen, sich gesund ernähren mit weniger Fleisch, dafür mehr Fisch und viel Gemüse, und das Vermeiden von Dauerstress – sind weitere wichtige Maßnahmen, um der koronaren Herzerkrankung und ihren schweren Folgen vorzubeugen“, fügt Voigtländer hinzu.
Zitiert nach einer Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung vom 23.10.2023