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Unterkiefer-Protrusionsschiene gegen Atemaussetzer beim Schlafen wird Kassenleistung

Erwachsene, die beim Schlafen unter behandlungsbedürftigen wiederholten Atemaussetzern (obstruktive Schlafapnoe) und als Folge davon z. B. unter Tagesschläfrigkeit und Konzen­tra­tionsschwächen leiden, können künftig eine sogenannte Unterkiefer-Protrusionsschiene bekommen. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte dürfen diese Schiene entsprechend dem heute durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) getroffenen Beschluss verordnen, wenn die Überdrucktherapie mit einer Atemmaske nicht erfolgreich eingesetzt werden kann. Den Antrag, den medizinischen Nutzen der Protrusionsschiene bei Schlafapnoe zu bewerten, hatte die Patientenvertretung im G-BA gestellt.

Medizinischer Hintergrund der obstruktiven Schlafapnoe
Die obstruktive Schlafapnoe ist die häufigste Form von Atmungsstörungen beim Schlafen. Es gibt viele verschiedene Ursachen und Risikofaktoren für sie. Neben starkem Übergewicht spielen auch anatomische Besonderheiten im Mund- und Rachenraum häufig eine Rolle. Die Wahrscheinlichkeit, an einer obstruktiven Schlafapnoe zu erkranken, nimmt ab dem 45. Lebensjahr stetig zu.

Auslöser der Atemaussetzer ist, dass sich bei den Betroffenen der Rachenbereich während des Schlafens verengt, was bei ca. 95 Prozent der Betroffenen auch mit einem lauten Schnarchen verbunden ist. Der Atem verflacht. Kommt es sogar zu einem kurzzeitigen kompletten Ver­schluss, setzt der Atem vollständig aus. Dauert dieser Vorgang länger als zehn Sekunden, spricht man von einer Apnoe. Mit dem flachen Atem oder dem Atemaussetzen geht eine geringere Sauerstoffversorgung einher. Puls und Blutdruck sinken. Erst wenn das Atemzentrum im Gehirn einen Reiz auslöst, wachen die Betroffenen kurz auf, teilweise ohne es bewusst zu merken, das Herz schlägt wieder schneller und der Blutdruck steigt. Treten solche Aufweck­episoden häufig auf, kommen Betroffene nicht mehr in die erholsame Tiefschlafphase.

Als Folge sind viele Menschen mit einer Schlafapnoe tagsüber schläfrig und weniger leistungs­fähig, wodurch beispielsweise auch die Unfallgefahr im Straßenverkehr steigt. Eine unbehan­delte Schlafapnoe wird zudem mit Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall in Verbindung gebracht.

Therapie hängt vom Schweregrad ab
Die Therapie der obstruktiven Schlafapnoe hängt u. a. vom jeweiligen Schweregrad ab. Können bei leichten Erkrankungen Gewichtsreduktion und eine andere Schlafposition helfen, greift man bei zunehmendem Schweregrad auf eine Überdrucktherapie als Standard zurück. Dabei wird über eine Atemmaske beim Schlafen ein Überdruck erzeugt, der die Atemwege offenhält. Führt die Überdrucktherapie nicht zum Behandlungserfolg, ist zukünftig auch die Unterkiefer-Protrusionsschiene zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung einsetzbar.

So wirkt die Unterkiefer-Protrusionsschiene
Die Unterkiefer-Protrusionsschiene wird für die Betroffenen zahntechnisch individuell angefer­tigt. Die zweiteilige verstellbare Schiene wird während des Schlafens auf den Zähnen getra­gen. Das Gerät drückt den Unterkiefer sanft nach vorne. Dadurch wird das Gewebe, an dem die Zunge im Mundraum angewachsen ist, gespannt und die Zunge nach vorne gezogen. Die Muskeln bleiben stabil und die Atemwege offen.

Weitere Schritte bis zur Verordnungsfähigkeit
Der G-BA-Beschluss fußt auf einem Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und Stellungnahmen von wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Er wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt und tritt nach Nichtbean­stan­dung und Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft. Danach verhandeln (Zahn)Ärzte und Krankenkassen die Höhe der (zahn)ärztlichen Vergütung, auch auf Grundlage einer noch zu entwickelnden Regelung in einer Richtlinie im vertragszahnärztlichen Bereich. Die Unter­kiefer-Protrusionsschiene kann als vertragsärztliche Leistung verordnet werden, wenn die Abrechnungsziffern vorliegen.

Hintergrund
Entsprechend seinem gesetzlichen Auftrag überprüft der G-BA, ob neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der gesetzlich Versicherten zu empfehlen sind. Er berücksichtigt dabei den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Zum Abschluss eines Bewertungsverfahrens entscheidet der G-BA darüber, für welche genaue Indikation und unter welchen qualitätssichernden Anfor­derungen eine Behandlungsmethode ambulant und/oder stationär zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung angewendet werden kann.

Zitiert nach einer Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 20.11.2020