Männer leiden unbemerkt

Wenn es um das Seelenleben geht, dann herrschen auch heute oft noch Geschlechterrollen vor: Frauen seien Gefühlswesen und Männer handelten nur nach Verstand. Männer, die ihre gefühlsbetonte Seite zeigen, traurig sind oder sogar weinen, gelten als unmännlich. Psychische Erkrankungen, wie zum Beispiel Depression, scheinen daher mit einem "männlichen" Weltbild nicht einhergehen zu können, weil sie als ein Zeichen von Schwäche gelten. Doch wie sieht es in der Realität aus: Ist das "starke Geschlecht" seltener von psychischen Störungen betroffen?

Depressionen bei Männern oft unentdeckt

Bei Männern werden seltener psychische Krankheiten diagnostiziert als bei Frauen. Nicht geklärt ist hierbei jedoch, ob das tatsächlich an einer stärkeren psychischen Belastung der Frauen liegt und inwiefern auch andere Aspekte eine Rolle spielen:

Ein Faktor ist möglicherweise, dass Männer seltener in Arztpraxen gehen als Frauen und Gesundheitsleistungen - vor allem bei leichteren Beschwerden - weniger häufig in Anspruch nehmen. Medizinerinnen und Mediziner können eine psychische Erkrankung nicht feststellen, wenn der Patient nicht in die Praxis kommt.

Männer versuchen immer noch oft ihre seelischen Probleme zu verdecken - auch vor Ärztinnen und Ärzten. Sie schildern eher die körperlichen Symptome, da psychische Erkrankungen immer noch oft selbst als persönliche Schwäche erlebt und gesellschaftlich so bewertet werden.

Auch die Ärztinnen und Ärzte suchen bei Männern eher nach körperlichen Krankheitsursachen und diagnostizieren häufiger organische Störungen.

Seit einiger Zeit vermuten Expertinnen und Experten auch, dass sich depressive Beschwerden bei Männern anders zeigen als bei Frauen: In einer vermehrten Reizbarkeit, Ärgerattacken, erhöhtem Risiko- und Suchtverhalten (z. B. verstärkter Alkoholkonsum), sexuellen Störungen und körperlichen Beschwerden.

Männer suchen andere Wege

Anders als bei der Depression zeigt die Statistik, dass Männer häufiger an Suchtkrankheiten leiden als Frauen. Männer weisen doppelt so viele Arbeitsunfähigkeitstage wie Frauen wegen Psychischer Störungen durch Alkohol auf und werden aus diesem Grund fast drei Mal so häufig stationär im Krankenhaus behandelt.

Dies lässt vermuten, dass Männer seelische Probleme mit anderen Mitteln als einer professionellen Therapie zu bekämpfen versuchen. Dass auch Männer belastet sind, dafür spricht die aktuelle Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes: Etwa 9.000 Menschen sterben jedes Jahr durch Suizid. Drei Viertel der Betroffenen sind Männer. Der Großteil aller Suizide wird vor dem Hintergrund einer psychischen Erkrankung begangen - am häufigsten ist dabei die Depression.

Das Bild, dass Männer wesentlich seltener psychisch erkranken als Frauen, scheint somit nicht ganz zu stimmen. Wenn Sie Symptome einer Depression spüren, sollten Sie dies gezielt bei Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt ansprechen und eine Therapie erwägen.

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Letzte Aktualisierung: Oktober 2024