Psychische Erkrankungen
Meldungen zu Thema
Studie zu Online-Hilfen für geflüchtete Menschen: Hürden beim Einstieg
Studie vergleicht Nutzung von iFightDepression in der deutschen und arabischen Sprachversion
Ein heute bei „Scientific Reports“ (Springer Nature-Verlag) erschienener Artikel aus dem Forschungszentrum der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention zeigt, dass für arabische Migrantinnen und Migranten bei der Nutzung von Onlinehilfen bei Depression noch Barrieren bestehen.
Untersucht wurde das Online-Selbsthilfe-Programm iFightDepression für Patientinnen und Patienten mit leichteren Depressionsformen. Es ist neben Deutsch und vielen anderen Sprachen seit 2019 auch auf Arabisch verfügbar. Das iFightDepression-Tool hilft den Betroffenen, ihre Erkrankung besser zu verstehen und zeigt Übungen für den Alltag. Neben dem Online-Programm, das nur in Begleitung mit einem professionellen Behandler oder einer Person aus der Flüchtlingshilfe verfügbar ist, wurde die öffentlich zugängliche iFightDepression-Website zur Aufklärung über Depression in die Erhebung einbezogen.
Beide arabischen Angebote richten sich insbesondere an Migrantinnen und Migranten in Deutschland und sollen helfen, Sprachbarrieren und Versorgungsengpässe zu überbrücken. „Es ist bekannt, dass die Raten für Depressionen bei Geflüchteten und Asylsuchenden höher liegen als in der Allgemeinbevölkerung. Die Depression macht es durch die krankheitsbedingte Antriebs- und Hoffnungslosigkeit ohnehin schon schwer, sich Hilfe zu suchen. Hinzu kommen bei Menschen mit Migrationshintergrund Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten, ein anderes kulturelles Verständnis von Krankheit, sowie ein fremdes Gesundheitssystem. Digitale Interventionen könnten deshalb für geflüchtete Menschen mit leichten bis mittelgradigen Depressionen eine sinnvolle Unterstützung sein. Online-Angebote bei Depression sind erwiesenermaßen wirksam, vergleichsweise leicht zu übersetzen und kostengünstig anzupassen. Ihre Einbindung in die Routineversorgung steckt jedoch noch in den Kinderschuhen“ beschreibt Dr. Hanna Reich vom Forschungszentrum die Situation.
Nutzung von iFightDepression auf Deutsch und Arabisch im Vergleich
Die Daten für die aktuellen Analysen stammen aus einer Zufallsstichprobe, bei der anonymisierte Benutzerprotokolle der iFightDepression-Website und 15.307 Benutzerkonten im iFightDepression-Tool verwendet wurden. Während die deutschsprachige iFightDepression-Website sehr verbreitet ist und nahezu 1 von 1000 Deutschen diese pro Jahr aufruft (834 Seitenaufrufe/100.000 Einwohner), ist die arabischsprachige Version noch deutlich weniger besucht (89 Seitenaufrufe/100.000 arabische Einwohner in Deutschland). Der Anstieg der Aufrufe nach Veröffentlichung der arabischen Version 2019 war jedoch überdurchschnittlich und hielt über drei Jahre an. Die Analyse der anonymisierten Benutzerprotokolle und -konten zeigte, dass die Akzeptanz (Verweildauer auf der Website, Nutzungsverhalten im Tool) beider digitaler Angebote zwischen den arabisch- und deutschsprachigen Nutzergruppen vergleichbar war.
Arabischsprachige Nutzerinnen und Nutzer nahmen das iFightDepression-Tool allerdings weniger oft an als deutschsprachige, wie der signifikante Unterschied in der Konversionsrate von der Einladung zur abgeschlossenen Registrierung zeigt: Diese lag bei arabischsprachigen Nutzern bei nur 30,8 %, während sich 59 % der deutschsprachigen Nutzer nach einer Einladung durch ihren Behandler auch im Tool registrierten. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Menschen mit Migrationshintergrund beim Einstieg in die Nutzung eines digitalen Selbstmanagement-Tools für Depressionen noch besser unterstützt werden müssen“ so Dr. Hanna Reich weiter. Offen bleibt, wie angemessen das iFightDepression-Tool für arabischsprachige Nutzer war, da diese bei der ersten Registrierung von einem höheren Schweregrad der Depression berichteten. Neben einer arabischen Version stehen mittlerweile auch ukrainische, russische, und zahlreiche weitere Sprachen für die iFightDepression-Website und das iFightDepression-Tool zur Verfügung.
Die Originalpublikation finden Sie unter: https://www.nature.com/articles/s41598-024-62196-8
Zitiert nach einer Pressemitteilung der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention vom 12.06.2024