Nieren und Harnwege
Die Nieren nehmen im Körper eine wichtige Filterfunktion wahr. Sie filtern aus dem Blut jene Stoffe heraus, die der Körper nicht weiter verwerten kann und sorgen für die Ausleitung dieser Endprodukte über die Harnwege. Dazu arbeiten in jeder Niere zwischen einer und eineinhalb Millionen kleiner Filter (Nephronen). Verwertbare Stoffe wie Nährstoffe und Salze filtern sie aus dem Blut heraus, um sie wieder in den Körper zurück zu schleusen. Unbrauchbare Stoffe führen die Nephronen der Ausscheidung in Form von Urin zu. Ist diese Ausscheidung über die ableitenden Harnwege (Harnleiter, Harnblase und Harnröhre) gestört, spricht man von Miktionsstörungen.
Probleme beim Wasserlassen (Miktionsstörungen)
Nicht wenige Männer in der zweiten Lebenshälfte kennen das Problem: Die Blase drückt, Toilettengänge tags wie nachts häufen sich, doch das Gefühl der Erleichterung will sich nie so recht einstellen.
Häufigster Grund für Probleme bei der Harnausscheidung ist eine gutartige Vergrößerung der Prostata (Benigne Prostatahyperplasie, BPH).
Gutartige Vergrößerung der Prostata
Warnsignale der gutartigen Prostatavergrößerung mit Abflussbehinderung sind
- Deutlich abgeschwächter Harnstrahl
- Stotternder Harnstrahl
- Urin kann nur noch kurz eingehalten werden
- Zunehmender Drang
- Nächtliches Wasserlassen mit geringen Urinmengen
- Es dauert länger, bis das Wasserlassen beginnt
- Gefühl, dass die Blase nicht leer wird
- Verbleibender Urin nach Miktion (für den Betroffenen nicht fühlbar)
- Blasenentzündungen
- Nierenschaden
Blasenschwäche und Inkontinenz
Den Urin nicht mehr halten zu können, ist für viele Menschen ein Problem. Inkontinenz bei Männern ist eine häufige Begleiterscheinung von Veränderungen der Prostata. Inkontinenz kann sich dabei psychisch wie organisatorisch belastend auf den ganzen Alltag auswirken.
So wird eine Inkontinenz für die Betroffenen häufig von Scham-Gefühlen begleitet. Sie kann eine große psychische Belastung darstellen und zur Beeinträchtigung des Selbstbildes führen. Psychische Faktoren können sowohl Ursache einer Harninkontinenz als auch Folge der Blasenschwäche sein. Grundsätzlich gilt sowohl bei der Diagnosestellung als auch der Behandlung: Was sagen die Seele und der Körper damit und was gilt es zu behandeln?
Grundsätzlich wird zwischen einem unwillkürlichen Urinverlust mit Drang (Urge-Inkontinenz) und dem Urinverlust bei körperlicher Belastung (Stress-Inkontinenz) unterschieden.
Drang-Inkontinenz
Eine Prostatavergrößerung kann zu einem erhöhten Harndrang führen, der meist nicht mit unwillkürlichem Urinverlust einhergeht. Bei Männern kann es zu einer so genannten überaktiven Blase mit starkem Harndrang und unwillkürlichem Harnabgang kommen. Hierbei handelt es sich um eine eigenständige Erkrankung der Harnblase mit einer verstärkten Erregbarkeit.
Mittel der Wahl sind in diesem Fall Medikamente, bei denen allerdings unter Umständen Nebenwirkungen in Kauf genommen werden müssen (abgeschwächter Harnstrahl, Darmverstopfung). Auch bei Männern mit „grünem Star“ sollten diese Medikamente nur vorsichtig eingesetzt werden, da sie zur Erhöhung des Augeninnendrucks beitragen können.
Auch die Einnahme anderer Medikamente zur Behandlung körperlicher Beschwerden kann sich auf die Harnbildung und Harnableitung auswirken: So genannte Blutdrucksenker, die „Beta-Blocker“, können zum Beispiel als unerwünschte Nebenwirkung den Harndrang erhöhen, indem sie die „beruhigenden“ Beta-Rezeptoren der Harnblase blockieren. Entwässerungstabletten (Diuretika) führen ebenfalls zu einem häufigen Wasserlassen mit großen Urinmengen.
Stress-Inkontinenz
Die Stress-Inkontinenz ist meist Folge einer vollständigen Prostataentfernung, die infolge eines Prostatakrebses durchgeführt wurde. Behandlungen der gutartigen Prostatavergrößerung führen jedoch so gut wie nie zu einer Stress-Inkontinenz.
Dieser unwillkürliche Urinverlust gehört zu den von den betroffenen Männern am meisten gefürchteten Folgen der Operation. Schon leichtes Heben oder Husten führt zu Abgang von Urin. Durch den medizinischen Fortschritt wird diese Komplikation zunehmend seltener.
Eine bedeutende Rolle spielt bei der Stress-Inkontinenz auch das Körpergewicht des Patienten. Drücken größere Mengen Bauchfett von oben auf die Blase, ist ein Urinverlust wahrscheinlicher.
Um eine postoperative Stress-Inkontinenz zu behandeln, wird zunächst der Beckenboden trainiert, um diesen zu stärken. Führt das in einem überschaubaren Zeitraum nicht zu einem Erfolg, kann dem Patienten, je nach Menge des Urinverlustes, mit Operationen geholfen werden. Hierzu werden unterschiedliche Bänder in den Beckenboden eingelegt, um den Urinverlust zu minimieren. Bei ausgeprägtem Urinverlust kann zudem ein künstlicher Schließmuskel helfen. Hierbei wird eine Manschette um die Harnröhre gelegt, die diese im Normalfall komprimiert. Möchte der Mann nun Wasser lassen, aktiviert er eine, im Hodensack liegende, kleine Pumpe und die Manschette gibt den Weg für einige Minuten frei, um sich dann selbst wieder zu füllen. Diese Maßnahmen können ein wichtiger Schritt zur Wiedererlangung von Lebensqualität oder einer verbesserten Lebensqualität sein. Insgesamt ist für die männliche Stress-Inkontinenz derzeit kein zugelassenes Medikament verfügbar.
Überlaufblase
Eine gefährliche und schleichende Variante des Urinverlustes ist die so genannte Überlaufblase. Sie ist zumeist Folge einer gutartigen Prostatavergrößerung, die sich durch eine Reihe von Warnsignalen bemerkbar macht. Aus der damit zusammenhängenden Abflussbehinderung kann sich langfristig das Problem der Überlaufblase entwickeln.
Im Laufe der Zeit kommt es zu einer immer größeren Urinmenge in der Blase. Dies erfolgt über einen längeren Zeitraum und bleibt oft völlig unbemerkt. Während sich eine gesunde Harnblase schon bei einer Füllung von einem halben Liter mit einem deutlichen Drang meldet, können sich in einer Überlaufblase im Extremfall mehrere Liter Urin befinden. Kann der Schließmuskel dann den Urin der überdehnten Blase nicht mehr aufhalten, läuft die Blase schließlich „über“ und es kommt zu einem kontinuierlich tröpfelnden Abfließen des Urins. Überlaufblasen neigen zu Blasenentzündungen und Blasensteinen. Im Endstadium kommt es dann zu einer nicht mehr reparablen Nierenschädigung. Außerdem kann eine bestimmte Form von Angststörungen zu derartigen Anspannungen der Blasenmuskeln führen, dass ein Harnverhalt entsteht. Man spricht von Paruresis, einer psychisch bedingten Blasenentleerungsstörung. Auslöser dieser psychischen Störung können Angst, Stress oder einfach die Scham, in öffentlichen Toiletten zu urinieren, sein.
Die Behandlung der Überlaufblase orientiert sich an ihrer Ursache: Liegt eine gutartige Prostatavergrößerung zugrunde, kommt wie bei der Stress-Inkontinenz ein Training des Beckenbodens in Betracht, des weiteren können Medikamente, die eine Entspannung der Muskulatur der unteren Harnwege bewirken, zum Einsatz kommen. Zudem gibt es bei gutartiger Prostatavergrößerung verschiedene Operationstechniken, mit denen Prostatagewebe entfernt oder zerstört werden kann. Eine Operation ist nur bei Komplikationen nötig, oder wenn sich starke Beschwerden anders nicht lindern lassen.
Im Falle einer Paruresis können Entspannungstechniken wie das Autogene Training oder die Progressive Muskelrelaxation für Betroffene eine Möglichkeit sein, ihre psychische Anspannung zu verringern. Darüber hinaus orientiert sich die Behandlung der Paruresis an den Grundsätzen der Behandlung sozialer Phobien.
Weitere Ursachen für Inkontinenz
In selteneren Fällen können neben Prostataveränderungen auch Entzündungen, neurologische Erkrankungen sowie Blasenkrebs zu Inkontinenzstörungen führen.
Urinverlust bei einer Blasenentzündung (schmerzhaftes Wasserlassen) oder bei schweren grippalen Infekten kann begleitend auftreten und sollte nach Abklingen der Grunderkrankung nicht mehr vorkommen. Blasenentzündungen bei Männern sollten frühzeitig behandelt werden, um ein Übergreifen auf die Prostata zu vermeiden.
Des Weiteren kann eine Schädigung der Nerven, die die Blase versorgen, je nach Lage des Schadens, sowohl zu einer Urininkontinenz als auch zu einem erhöhten Restharn führen. Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, aber auch Bandscheibenvorfälle oder Querschnittlähmungen gehören in diese Gruppe der Nervenerkrankungen.
Plötzliche Veränderungen beim Wasserlassen können zudem auf einen - allerdings eher selten auftretenden - Blasenkrebs hindeuten, vor allem wenn noch eine schmerzlose Blutung im Urin bemerkt wird.
Tipps zum Weiterlesen
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Wissensreihe Männergesundheit - Gutartige Prostatavergrößerung/BPS
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Wissensreihe Männergesundheit - Störender Harndrang
- Gesundheitsinformation.de: Gutartige Prostatavergrößerung
- Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) e. V.: Was tun bei Harninkontinenz?
- Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe (BPS) e. V.: Initiative Hygienebehälter in Herrentoiletten
Letzte Aktualisierung: November 2024